Alles für den richtigen Ton bei Klavierhaus Klavins

Beuel · Johannes Bauer hat 2021 das Klavierhaus Klavins in der alten Tapetenfabrik übernommen. Neben dem Verkauf wird vor allem Wert auf traditionelles Handwerk gelegt.

Johannes Bauer zeigt in der Tapetenfabrik das Innenleben eines Flügels.
Johannes Bauer zeigt in der Tapetenfabrik das Innenleben eines Flügels.
Fotograf: Martin Wein

Auch im traditionellen Handwerk müssen gelegentlich neue Saiten aufgezogen werden. Nirgendwo gilt das mehr als in einer Klavierwerkstatt. Im Klavierhaus Klavins in den geräumigen Hallen der alten Tapetenfabrik in Beuel haben die Mitarbeiter damit seit 1978 Erfahrung. Denn anders als in vielen anderen Betrieben schickt Inhaber Johannes Bauer verstimmte und verzogene Klaviere und Flügel nicht zur Reparatur nach Osteuropa. „Von der Beratung über den Verkauf bis zur Anlieferung und zur Wartung und Reparatur machen wir hier alles selbst“, sagt der 56-Jährige.

Ein Klavier ist schließlich nicht einfach ein Möbel mit 88 Tasten, das auf Knopfdruck Töne von sich gibt. Es ist ein mechanisches Kunstwerk höchster Präzision, das noch immer allen elektronischen Alternativen die Schau stiehlt. Das stimmt zumindest, wenn es gut gestimmt ist.

Man merkt das gleich, wenn man das Ladenlokal neben der Sportfabrik betritt und von Bauers Labrador-Hündin Fritzi schwanzwedelnd begrüßt wird. Die freundliche Hundedame posiert übrigens souverän auf allen Fotos gebrauchter Klaviere und Flügel, die Bauer im Internet zum Verkauf anbietet.

Rund 100 Exemplare stehen im Geschäft. Die Präsenz, die ein schwarzer Flügel ausstrahlt, ist offensichtlich. Aber auch Klaviere, die auf den ersten Blick nicht so geleckt und imposant daherkommen, entpuppen sich schnell als wahre Meisterwerke, sobald man ihren Deckel anhebt.

Innen wieder wie neu

Bauer schlendert zu einem Exemplar nahe am Fenster. Das Instrument liegt mit dem Korpus gewissermaßen auf dem Rücken. Die Bodenplatte ist abgewetzt, das Gehäuse hat einige Macken. Kein Wunder nach fast 120 Jahren. Innen aber sieht es aus wie neu. Wieder muss man sagen.

„Wir haben das ganze Stegdoppel gewechselt, das die Schwingungen der Saiten auf den Resonanzboden überträgt“, erklärt Bauer. Auch die gusseiserne Platte wurde ausgetauscht. Auf ihr sind Wirbel aus Metall angeschraubt, auf denen ein Klavierbauer die neuen Saiten aufgewickelt hat. Dazu wurde die Klaviermechanik mit ihren Federn, Stößeln, Dämpfern und Hämmerchen überprüft, die den Tastendruck auf die Saiten überträgt.

Viele der benötigten Einzelteile werden in der Werkstatt von Hand angepasst. „Dafür gibt es keine fertigen Ersatzteile“, sagt Bauer. Zwischen 15 und 30 Instrumente überholen die Klavierbauer jedes Jahr im Betrieb, schätzt der Chef.

Anschließend muss das Klavier wie ein guter Whiskey reifen. Immer wieder wird es gestimmt, weil sich die gusseiserne Platte mit der Zeit geringfügig ausdehnt. Das alles kann ein Vierteljahr dauern.

Eile ist in der Klavierwerkstatt ein Fremdwort

Eile ist in der Klavierwerkstatt ein Fremdwort. In der eigenen Lackierkabine verpassen die vier festen und vier freien Mitarbeiter Pianos und Flügeln zum Abschluss auf Wunsch noch ein neues Finish. Entweder klassisch in Schwarz, auf Wunsch aber auch in Weiß oder zum Beispiel Rot. „Aber das Wichtigste steckt natürlich im Resonanzboden“, sagt Bauer. Ein wenig Patina könne einem alten Schätzchen dagegen durchaus gut stehen.

Die Frage nach dem Nutzen eines solchen Aufwandes scheut der Experte nicht. „Einen so hohen Resonanzboden von 1,20 oder 1,40 Metern finden Sie heute kaum noch“, erklärt er. Außerdem sei selbst eine aufwendige Reparatur günstiger als ein Neukauf. Wer sich das alles nicht leisten kann, der kann bei Bauer auch Klaviere oder Flügel mieten, etwa um die Spielfreude und Ausdauer beim Nachwuchs erst mal zu testen.

Angefangen habe man damit in den alten Hauptstadtzeiten, als viele Angehörige aus den Botschaften sich ein Instrument auf Zeit wünschten. Später hätten dann die vielfach finanziell gut gestellten Beschäftigten der Bonner Dax-Konzerne die Reihen der Stammkundschaft aufgefüllt, erinnert Bauer, der als gelernter Kaufmann selbst seit 1991 im Geschäft arbeitet. Bonn sei in jedem Fall ein guter Standort, glaubt er, eine Stadt, in der Musikerziehung in vielen Familien noch großgeschrieben werde.

Digitalisierung spielt keine Rolle

Die Digitalisierung spielt im Klaviergeschäft keine Rolle. Beim Stimmen könne kein elektronischer Helfer einen professionellen Klavierstimmer ersetzen, ist Bauer sicher. Auch der Verkauf ist eine ziemlich analoge Angelegenheit, die sich oft über Wochen und Monate hinzieht. Das Klavierhaus hat auf seiner Homepage zwar Angebote im Netz und bewirbt die Konzerte im eigenen Saal für bis zu 100 Gäste. „Aber ein Klavier müssen Sie eigentlich vor Ort aussuchen. Jedes spielt sich anders und hört sich anders an, selbst bei baugleichen Typen“, sagt Bauer.

Bei der Auswahl spielen Haptik, Aussehen und Klang eine wichtige Rolle. Aber auch die Maße. Oft müssen Türen, Treppenhäuser oder Durchgänge vor dem Liefertermin ausgemessen werden. Seine geschulten Mitarbeiter hätten schon Fenster ausgebaut oder Wände aufgestemmt, um Klaviere oder Flügel auszuliefern. Notfalls bestellen sie einen 30-Tonnen-Kran, um einen Flügel in höhere Etagen zu bekommen.

Mit freundlicher Genehmigung des Generalanzeiger Bonn, Original vom 17.07.2023: ga.de

Tipps für den Klavierkauf & die Klavierpflege

Diese Checkliste vermittelt einen Überblick, worauf Sie beim Kauf eines Qualitätsklaviers achten sollten.

  1. Machen Sie eine Bedarfsanalyse
    1. Wählen Sie Ihr Klavier je nach Ausbildungsstand (Anfänger / Fortgeschrittener / pianistische Ansprüche)
    2. Wichtig sind Raumgröße und Standort (Klavier oder Flügel?)
    3. Legen Sie Wert auf die Optik? Eine große Auswahl zeigt Ihnen die vorhandenen Möglichkeiten der Oberflächen (ausgefallenes Design / Biolacke)
  2. Von einem guten Fachgeschäft können Sie mehr erwarten als ein gestimmtes Klavier
    1. Bevorzugen Sie deshalb Klavierhäuser, die sich durch eine Mitgliedschaft in Berufsverbänden, z.B. dem Gesamtverband Deutscher Musikfachgeschäfte e.V. oder dem Bund Deutscher Klavierbauer e.V. ausweisen
    2. Die fachliche Beratung und Erfahrung wird Ihnen helfen, die richtige Wahl zu treffen
  3. Bevorzugen Sie Markeninstrumente
    1. Pianofabrikanten mit Tradition besitzen große Erfahrung im Klavierbau
    2. Ein höherer Preis für ein Markenklavier wird durch seine große Langlebigkeit und Klangschönheit, aber auch durch seine umweltfreundliche Verarbeitung und das gesundheitsschonende Material mehr als kompensiert
    3. Ein Qualitätsklavier hat eine Nutzungsdauer von mehreren Jahrzehnten und einen bedeutend höheren Wiederverkaufswert als ein Billiginstrument
  4. Wählen Sie einen Vertragshändler für Markenfabrikate
    1. Diese Häuser haben die besten Kontakte zu den Herstellern und erreichen über ihre guten Beziehungen bevorzugte Behandlung bei Lieferzeiten – auch bei Sonderwünschen
    2. In Kulanz- und Garantiefragen sind Sie dort ebenfalls in besten Händen
  5. Fragen Sie nach der Anbindung an eine möglichst hauseigene Werkstatt, in der von der Handwerkskammer geprüfte Klavierbauer tätig sind
    1. Informieren Sie sich über die Möglichkeit eines Wartungsangebotes
    2. Eine intensive Betreuung durch einen ausgewiesenen Fachmann beinhaltet neben regelmäßigem Stimmen auch Nachregulieren, Intonieren und Reinigen, damit Ihr Instrument eine gleichbleibende Klangqualität und exakte Spielart behält
  6. Legen Sie Wert auf die Existenz von qualitativ hochwertigem, umfangreichem Beratungs- und Kundenservice
    1. Hierzu gehört auch der fachmännisch durchgeführte Transport
  7. Stellen Sie Ihr Instrument an einem möglichst gleichbleibend klimatisierten Platz auf
    1. Sorgen Sie während der Heizperiode für eine Luftfeuchtigkeit von ca. 40 – 60 %
    2. Lassen Sie es mindestens einmal im Jahr von einem Klavierbauer stimmen und überprüfen – dann ist Ihnen jahrelange Freude an Ihrem Instrument garantiert!

Bei noch offenen Fragen helfen wir gerne persönlich weiter – kommen Sie doch einfach mal vorbei!

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